Niemals aufhören zu lernen

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Manchmal erzählen mir Leute von einem früheren Hobby oder einer Begabung, die sie in jungen Jahren hatten und sagen: „… aber dafür habe ich keine Zeit und ich kann das auch gar nicht mehr.“ – oder: „Dafür ist es jetzt zu spät!“.
Das finde ich immer sehr schade. Einige Menschen glauben ein bisschen zu sehr an den „Ernst des Lebens“, mit dem uns in der Kindheit immer die Erwachsenen gedroht haben. So, als dürfte man später nicht nur zum Spaß kreativ herumspielen oder ganz neue Dinge ausprobieren.

„Lernen ist wie Rudern gegen den Strom,

  –  sobald man aufhört, treibt man zurück.“ (B. Britten)

Als mein damaliger Klassenlehrer (5. Klasse ) mir diesen Spruch ins Poesie-Album schrieb, fand ich es nicht soooo spannend. Ein Lehrer schreibt etwas über das Lernen und dann noch so negativ, dass man immer weiter lernen muss. … äh, na ja …

Im Moment muss ich häufig an diesen Spruch denken, denn er stimmt. Wahrscheinlich muss man erst älter werden, um das zu verstehen. Erfahren, dass einige der Dinge, die man früher gut konnte, jetzt leider nicht immer so leicht abrufbar sind, weil man sie nämlich nicht weiter verfolgt (geübt) hat.

Was konntest Du früher sehr gut?

Ich konnte früher zum Beispiel sehr gut Französisch sprechen, hatte gute Zensuren in der Schule und später eine Menge Sprachpraxis durch diverse Frankreich-Aufenthalte.

Nach dem Studium gab es nicht so viele Gelegenheiten, Französisch zu sprechen. In meinem Verlags-Job hatte ich es meistens mit amerikanischenTexten zu tun. Ich habe noch eine Zeit lang versucht, mein Französisch frisch zu halten, habe Romane gelesen und so was, aber es gab eben auch noch andere spannende Themen zu erforschen.

Später war ich eine Zeitlang auf Reisen viel im englischsprachigen Raum unterwegs. Und irgendwann, irgendwo in Afrika, wollte ich mit ein paar Franzosen wie gewohnt drauflos reden und merkte, dass es stockte und haperte und mir zu allererst die Worte auf Englisch einfielen (das war früher umgekehrt gewesen). Das war ziemlich frustrierend.

Beherrschst Du Deine Lieblings-Fähigkeiten von früher noch?

Genauso ist es beim Musizieren. Vor einigen Jahren habe ich voller Begeisterung Keyboard-Spielen gelernt. Nach vier Jahren hatte ich mir ein ansehnliches Repertoire aus Büchern selbst beigebracht. Aber dieses ganze Repertoire zu erhalten, nämlich wieder und wieder zu üben, das erforderte viel Zeit und war mir irgendwann zu stressig, da ich auch noch angefangen hatte, Gitarre zu lernen.

Ich hörte dann mit dem Keyboard-Spielen auf, weil ich beides nicht mehr schaffte und jetzt, einige Jahre später, kann ich nur noch einen Bruchteil davon und müsste alles wieder neu üben.

Nichts bleibt.

Alle gelernten Dinge müssen gepflegt werden, sonst vergehen sie wieder.

Etwas anders ist es bei seelischem Lernen. Erkenntnisse, die man einmal gemacht hat, die bleiben einem. Meistens jedenfalls.

Was man wirklich verstanden hat, das sitzt.

Allerdings gibt es auch schwierigere Phasen im Leben, nach einer größeren Krise zum Beispiel, wo man keinen Zugang mehr zu dem alten Wissen hat. Man weiß eigentlich, dass man es weiß, aber man kann nicht mehr darauf zugreifen oder darauf vertrauen.

Auch dann heißt es wieder neu anfangen mit dem Lernen.

Kleine Schritte machen, das tun, was funktioniert. Baby-Schritt für Baby-Schritt, um wieder geschmeidig zu werden, indem was man tut.

Und wie ist das bei Dir?

Pflegst Du Deine Talente und Lieblingsbeschäftigungen?

Wenn Du in einem Bereich gut sein oder etwas Bestimmtes erreichen willst, dann hilft es, wenn Du Dir immer mal wieder Zeit dafür nimmst (und wenn es nur eine Viertelstunde ist) und so lange übst, bis es eben klappt. Es muss ja auch nicht unbedingt perfekt sein. Hauptsache, es geht Dir gut damit.

Es wäre doch schade, um Deine schönen Begabungen, wenn Du sie gar nicht mehr nutzen würdest – oder?

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